Ackerland ist keine Baulandreserve!
von Joerg Weber
Wer in FrankfurtRheinMain der „veröffentlichten“ Meinung einzelner Meinungsführer widerspricht, erntet sogleich einen Shitstorm, bei dem oft die Emotionen, statt der Fakten im Vordergrund stehen. Dennoch gibt es Themen, zu denen man einfach Stellung beziehen muss, zum Beispiel ob Ackerland eine natürliche Baulandreserve darstellt.
Ein lokaler Politiker geißelte unlängst auf einer exponierten Veranstaltung: „ … wer dagegen Protest auf Äckern organisiert, hat nichts verstanden“. Gut, mit dieser Aussage muss man leben, man könnte sie tolerieren, akzeptieren muss man sie nicht. Es gibt immer die zwei Seiten einer Medaille und wenn man den landwirtschaftlichen Boden als reine Manövriermasse (in diesem Fall für Bauland) einer expandierenden Stadt oder Region sieht, mag das stimmen. Wenn man aber auch Landwirtschaft als einen Teil der Wirtschaft sieht, die es gilt zu erhalten, Landwirtschaftlichen Betrieben und deren Familien ein Auskommen sichern möchte und dem Klimaschutz einen hohen Stellenwert gibt, dann sollte man sich diese Aussage noch einmal gut überlegen.
Eine wachsende Stadt/Region benötigt natürlich Expansionsflächen, aber muss dies immer und ausschließlich durch die Vernichtung und unwiederbringliche Versiegelung von wertvollen Ackerflächen geschehen? Gibt es keinen anderen Weg? Wenn eine Kommune heute Gewerbe- oder Wohnflächen ausweist, werden meist die angrenzenden Äcker aus der „Reserve“ geholt. Dies, ohne sich mal Gedanken über die Wertigkeit dieses Bodens zu machen. Ein Ackerboden wird im Rahmen einer Skala von 0 – 100 bewertet und viele Bauern haben Böden auf denen es zwar möglich, aber schwer ist unsere Lebensmittel anzubauen. Andere Böden sind sehr gut, so z.B. die allermeisten Böden in unserer Region und der Wetterau, also im Speckgürtel Frankfurts (weshalb ja in der Vergangenheit gerade hier Städte begründet wurden). Wenn man also schon darüber nachdenkt, wieder einen Acker zum Baugebiet zu machen, dann sollte man wenigstens die Güte des Bodens zu Rate ziehen. Besser wäre zunächst zu überlegen und dies insbesondere auch in kleinen Kommunen und Städten, ob keine Nachverdichtung in Frage kommt, meist wäre das möglich, doch es ist halt auch aufwendig diese Daten aufzubereiten, Verhandlungen mit Altbesitzern zu führen, oder die teurere Erschließung zu akzeptieren. Auch gibt es verlassene Gewerbegebiete, Konversionsflächen und anderes mehr, aber diese Flächen müssten unter Umständen aufwendig saniert werden, was die geplante Immobilie verteuert, oder besser den „geplanten Gewinn“ des Immobilienentwicklers (ob öffentlich oder privat) schmälert. Also wird auf Kosten unserer Kinder und Enkel, vor allem aber auf Kosten der Landwirte die billige, nicht geschützte Variante – nämlich der landwirtschaftliche Boden- gewählt. Die Verkäufer sind in der Regel nicht einmal die Bauern, denn die haben im Durchschnitt nur 25 – 35% eigenes Land, sondern oft Privatpersonen. Dies alles kann man nun in die Überlegungen einbeziehen, oder halt nicht.
Nun befinden wir uns aber im Jahre 2020 und es gibt das allen bekannte Phänomen des Klimawandels. Und da verbietet es sich eigentlich schon von selbst, wertvolle Ackerflächen zu bebauen, wenn man weiß, dass es nicht wenige Regionen in der Welt geben wird, auf denen bis vor kurzem noch Lebensmittel angebaut werden konnten, die aber in Zukunft aufgrund diverser Wetterextreme keinen Anbau mehr zulassen. Andere Flächen, wie die guten Böden hier bei uns, werden daher künftig dringender denn je gebraucht um Lebensmittel anzubauen, denn ohne dies wird eine nachhaltige Ernährung der städtischen Bevölkerung schwer.
Daher plädiere ich für einen Stopp oder absolute Minimierung des Bodenverbrauchs zugunsten von Baumaßnahmen und für ein schnelles und gemeinsames Nachdenken in Bevölkerung, Wirtschaft und Politik zu Alternativen.